In der Kunstgeschichte gibt es Theorien und Ideen, die als grundlegend angesehen werden und die die Basis für die meisten Forschungen in diesem Bereich bilden. Und wie in so vielen Bereichen stammen sie überwiegend von gleichgeschlechtlichen, männlichen, heterosexuellen und aus Europa und Nordamerika stammenden Personen. Dies führte in unserem Fachgebiet zu einem strukturellen Sexismus, d.h. der aktiven Etablierung und Aufrechterhaltung einer Geschlechterhierarchie basierend auf einer ausgeprägten Vorstellung davon, was Kunst und auch Kunstgeschichte ist, wie sie funktioniert und welche normativen Vorstellungen sie aufrechterhalten sollte. Diese Personen theoretisierten die Kunst und ihre Praxis von einem bestimmten Standpunkt aus, verallgemeinerten diesen Standpunkt dann aber, um vermeintlich universelle Wahrheiten zu schaffen. Dieser Kurs zielt darauf ab, diese Sichtweisen und Beschränkungen aufzuzeigen, die unserem Verständnis der Welt als auch unserer eigenen Theoriebildung auferlegt wurden. Zu diesem Zweck wird ein „neuer Kanon“ grundlegender Forschungsarbeiten der Kunstgeschichte zu Geschlecht und Sexualität zusammengestellt (u.a. Amelia Jones, Body Art, Performing the Subject; Abigail Solomon-Godeau, Male Trouble; Carol Armstrong und M. Catherine de Zegher, Women Artists At the Millennium; Maura Reilly und Linda Nochlin, global feminisms: New Directions in Contemporary Art; Lena Šimić und Emily Underwood-Lee, Mothering Performance; Hilary Robinson, Feminism-art-theory; Anne Wagner, Mother Stone: The Vitality of Modern British Sculpture). In diesen Forschungen werden nicht nur verschiedene Formen von Alterität theoretisiert, die vom Mainstream des Fachs ignoriert oder missachtet wurden, sondern es wird von der Alterität ausgehend theoretisiert, um die Grundannahmen des Fachs in Zweifel zu stellen. Diese Untersuchungen helfen uns, eine neue Vision dessen zu entwickeln, was Kunstgeschichte ist, und ihre Fragen jenseits der Annahmen von Cis-Sein, Männlichkeit, Heterosexualität und Euroamerikanismus anzugehen.